Ich will …
Gedanken zu Psalm 116
Der Dichter des schönen Psalms 116 ist in eine sehr schwierige Lage geraten. Äußerlich erfährt er Drangsal und innerlich Kummer (V. 3). Er ist elend, er weint und ist sehr gebeugt (V. 6.8.10). Ihn erreichen die Bedrängnisse des Totenreichs und ihn umschließen die Fesseln des Todes (V. 3). Er weiß nicht, wie er sich daraus befreien soll. Sein Tod scheint nur eine Frage der Zeit. Menschen, auf die er seine Hoffnung gesetzt hat, enttäuschen ihn, so dass er bestürzt ausruft: „Alle Menschen sind Lügner!“ (V. 11).
Doch das ist nicht alles. Trotz der angespannten Situation redet er Worte des Glaubens zu seinen Mitmenschen: „Ich glaubte, darum redete ich“ (V. 10; vgl. 2. Kor 4,13). Außerdem wendet er sich im Gebet an seinen Gott und fleht zu Ihm (V. 1). In der Schlichtheit seines Gottvertrauens ruft er: „Bitte, Herr, errette meine Seele!“ (V. 6.4). Und der gnädige, gerechte und barmherzige Gott hört ihn und neigt sein Ohr zu ihm (V. 5.1.2). Er wird vor dem Sturz bewahrt und errettet (V. 6.8). Gott löst die Fesseln des Todes und tut ihm wohl (V. 16.7.12). Er darf weiter im „Land der Lebendigen“ leben (V. 9). Der Psalmdichter erkennt: Gott schätzt das Leben seiner Frommen wert und gibt sie nicht gleichgültig dem Tod preis: „Kostbar ist in den Augen des Herrn der Tod seiner Frommen“ (V. 15).¹
Die gewaltige Rettung bleibt nicht ohne Auswirkung auf das Leben des Psalmdichters. Er ist berührt von der gnädigen Hilfe Gottes und versteht, dass der HERR ihm durch sein Wunderwirken einen weiteren Grund gegeben hat, Ihn zu lieben (V. 1). Er möchte sein Leben nun entsprechend ausrichten:
- Er will Gott in allen seinen Tagen anrufen (V. 2.13.17). Die erfahrene Gebetserhörung motiviert ihn zu einem beständigen und intensiven Gebetsleben.
- Er will (bzw. wird) vor Gott sein Leben führen (V. 9). Der gläubige Israelit ist nicht nur dankbar, auf der Erde bleiben zu dürfen, sondern er möchte bewusst in der Gegenwart Gottes leben.
- Er will die Rettung Gottes würdigen (V. 13). Um Gott eine angemessene Antwort auf seine Wohltaten zu geben, will er den „Becher der Rettungen nehmen“, das heißt, sich bewusst machen, wie wunderbar das ist, was Gott getan hat.
- Er will vor den Augen aller Gott seine Gelübde bezahlen (V. 14.18). Der Psalmdichter möchte in der Gegenwart des ganzen Volkes seine Schlachtopfer bringen und damit seine Dankbarkeit und Weihe bezeugen.
- Er will Opfer des Lobes opfern (V. 17). Der fromme Israelit möchte nicht nur tierische Schlachtopfer bringen, sondern auch Opfer des Lobes aus seinem Herzen und Mund.
Gott hat unsere Seelen gerettet, als wir in Sündennot und in Angst vor seinem Zorn zu Ihm gerufen haben. Welche Antwort geben wir Gott auf seine Gnade? Was für Konsequenzen werden in unserem Leben sichtbar? Beten wir zu Ihm? Leben wir für Ihn? Ehren wir Ihn? Dienen wir Ihm? Loben wir Ihn?
Wenn wir diesen Fragen nachgehen, wollen wir nicht nur an unsere Antwort auf die Rettung von unseren vielen Sünden denken, sondern auch daran, wie Gott immer wieder in unser Leben eingegriffen, wie Er geholfen und gerettet hat. Auch das sollte ein deutliches Echo in unserem Leben finden!
FN 1: Dieser Vers spricht offenbar nicht davon, dass es für Gott kostbar ist, wenn ein Gläubiger stirbt und seine Seele in das Paradies eingeht (so wahr das auch ist). Denn in dem ganzen Psalm geht es ja gerade darum, dass der Fromme vor dem Tod gerettet wird, was auch an vielen anderen Stellen im Alten Testament thematisiert wird. Der Gedanke scheint hier deshalb eher zu sein, dass der Tod eines Frommen schwer wiegt in den Augen Gottes; Gott geht mit dem Tod eines Gläubigen so behutsam um wie mit einer Kostbarkeit. Einen ähnlichen Gedanken finden wir in Psalm 72,14: „Von Bedrückung und Gewalttat wird er ihre Seele erlösen, und ihr Blut wird teuer sein in seinen Augen.“
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