Das Haus Gottes ist ein Bethaus
Das zentrale Thema des ersten Briefs an Timotheus ist das Verhalten im Haus Gottes. Paulus schreibt in Kapitel 3,15: „… damit du weißt, wie man sich verhalten soll im Haus Gottes, das die Versammlung des lebendigen Gottes ist, der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit.“ Das praktische Verhalten der Gläubigen soll mit dem Gott dieses Hauses übereinstimmen. Doch das ist nicht alles, was dieser Brief über das Haus Gottes sagt. Es gibt einen weiteren Aspekt, der manchmal übersehen wird. Das Haus Gottes ist auch ein Bethaus. Das ist in der Tat ein auf den ersten Blick durchaus erstaunliches Element im Haus Gottes. In der Regel denken wir an etwas anderes, wenn wir über das Haus Gottes nachdenken: Wir denken an die Gläubigen, die dieses Haus bilden und die es bauen. Wir denken an den „Gottesdienst“, den wir im Haus Gottes üben, wenn wir mit dem Opfer unseres Herrn beschäftigt sind (vgl. 1. Pet 2, 5). Aber damit ist das Thema noch nicht erschöpft.
Gott ist ein Heiland-Gott
In 1. Timotheus 2 geht es nicht vordergründig um die innere und äußere Ordnung im Haus Gottes, sondern vielmehr um Gebet und Dank für alle Menschen (wobei natürlich auch das Gebet zu dieser „Ordnung“ gehört). Paulus zeigt in diesem Kapitel, dass Gott ein Heiland-Gott ist, der will, dass alle Menschen errettet werden (V. 4). Dazu ist Christus der eine Mittler zwischen Gott und Menschen (V. 5). Das praktische Verhalten der Gläubigen sollte auch diesem Aspekt des Hauses Gottes entsprechen, d. h., wir sollten so leben, dass Menschen sich zu dem Gott dieses Hauses hingezogen fühlen und den Mittler Jesus Christus annehmen.
Doch bevor Paulus über den Heiland-Gott und den einen Mittler schreibt, fordert er den Leser auf: „Ich ermahne nun vor allen Dingen, dass Flehen, Gebete, Fürbitten, Danksagungen getan werden für alle Menschen, für Könige und alle, die in Hoheit sind, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen mögen in aller Gottseligkeit und würdigem Ernst. Denn dies ist gut und angenehm vor unserem Heiland-Gott“ (V. 1-3).
Wir vergessen leicht, dass das Haus Gottes auch das Haus eines Heiland-Gottes ist, der will, dass alle Menschen gerettet werden. Darum geht es unter anderem in diesem Brief. Paulus schreibt hier nicht über den Vater und die Beziehung, die Er zu seinen Kindern hat. Diese Wahrheit finden wir in anderen Briefen erklärt.
Vielmehr stellt sich Gott hier als der vor, der sich in seiner Güte allen Menschen zuwendet, um sie zu retten. Es ist sein Wille, dass dieser Wesenszug seiner Güte zu allen Menschen ausströmt. Wir sollten nicht meinen, Gott habe nur seine Kinder im Blick. Nein, alle Menschen sind Ihm wichtig. Zweifellos hat Er eine besondere Beziehung zu den Seinen. Aber Er hat auch ein Interesse an denen, die noch verloren sind. Er hat sie lieb (Tit 3,4). Das dürfen wir nicht vergessen. Sie sind seine Geschöpfe. Es ist wichtig, sich um die zu kümmern, die das Haus Gottes bilden. Aber es ist nicht gut, wenn wir uns einseitig darauf beschränken. Gott ist ein rettender Gott, der Menschen einlädt, in sein Haus zu kommen. Wir dürfen nicht vergessen, für die zu beten, die noch „draußen“ sind. Die Gefahr der Einseitigkeit in die eine oder andere Richtung ist groß. Das gilt auch für den Dienst. Wir müssen ausgewogen sein. Paulus war sowohl ein Diener der Versammlung als auch ein Diener des Evangeliums (Kol 1,23.25).
Die Versammlung ist der höchste Ausdruck des Ratschlusses Gottes in Christus. Es gibt nichts, was darüber hinausgeht. In der Versammlung offenbart Gott die Fülle seiner Gedanken über seinen Sohn. Das Evangelium dagegen ist die höchste Offenbarung der Liebe Gottes zur Welt. Er hat die Welt geliebt und seinen Sohn für sie hingegeben. Deshalb müssen wir uns davor hüten, einseitig zu werden. Gott hat beides im Blick. Er denkt an die, die zu dieser Versammlung gehören. Aber Er vergisst diejenigen nicht, die das noch nicht sind, aber werden sollen. Gerade deshalb zeigt 1. Timotheus 2 uns, dass sein Haus ein Bethaus ist, in dem wir für die Menschen beten – und zwar für alle.
Das Gebet für alle Menschen
Der Blick auf „alle Menschen“ ist wichtig für das Verständnis der Heilszeit, in der wir leben. Gottes Gnade ist in Christus für alle Menschen erschienen (Tit 2,11). Die Richtschnur unseres Verhaltens ist nicht irgendein Gesetz (ein gesetzliches Prinzip), sondern die Gnade. Das zeigt 1. Timotheus 1. Wir haben die Gnade und Barmherzigkeit Gottes erfahren und stehen in seiner Gnade. Diese Gnade soll nun ebenfalls den Menschen zuteilwerden, die bisher abseits stehen.
In 1. Timotheus 2 lernen wir, dass Gottes Haus ein Bethaus ist. Das bedeutet, dass wir durch Gebet mit Gott in Beziehung treten. So hatte Gott schon im Alten Testament durch den Propheten Jesaja sein Haus genannt: „… die werde ich zu meinem heiligen Berg bringen und sie erfreuen in meinem Bethaus; ihre Brandopfer und ihre Schlachtopfer sollen wohlgefällig sein auf meinem Altar. Denn mein Haus wird ein Bethaus genannt werden für alle Völker“ (Jes 56,7). Hier wird der Gedanke der Gott wohlgefälligen Schlachtopfer direkt mit dem Gebet (dem Bethaus) verbunden. Ähnlich drückt es der Dichter von Psalm 141 aus. Er sagt: „Lass als Räucherwerk vor dir bestehen mein Gebet, das Erheben meiner Hände als Abendopfer“ (Ps 141,2).
Der Herr Jesus selbst weist auf diese Stelle in Jesaja hin (vgl. Mt 21,13). Das bezog sich damals in der unmittelbaren Bedeutung auf den Tempel in Jerusalem. Die Bedeutung geht allerdings darüber hinaus. Der Dienst des Gebets im Tempel sollte in der Tat im Blick auf alle Nationen geschehen. Vom materiellen Tempel in Jerusalem aus wird das im 1000-jährigen Reich Wirklichkeit werden. Aber auch heute soll das Haus Gottes diesen Charakter haben. Wir sollen in diesem Haus für „alle Menschen“ beten.
Das Haus Gottes ist von Gottesdienst geprägt. Dorthin kommen wir mit Opfern des Lobes und sind vor Gott mit dem Opfer unseres Herrn beschäftigt (Heb 13,15; 1. Pet 2,5). Aber das ist nicht alles. Das Haus Gottes ist auch ein Bethaus. Das Gebet ist sehr wichtig. Wir sollten diesen Dienst im Haus Gottes nicht vernachlässigen. Zu allen Zeiten haben Gläubige zu ihrem Gott gebetet. Aber gerade im Heilszeitalter der Gnade zeichnet sich das Haus Gottes dadurch aus, dass dort für alle Menschen gebetet wird. In 1. Timotheus 2 finden wir dazu reiche Belehrung. Paulus spricht von den verschiedenen Arten unseres Gebets, er nennt die Gegenstände und die Ziele des Gebets. Er macht deutlich, welche Gesinnung wir haben müssen, und schließlich zeigt er die sittlichen Voraussetzungen für das Gebet auf.
Fazit
Kennen wir dieses gemeinsame Gebet für alle Menschen, die der Heiland-Gott retten will? Müssen wir nicht zugeben, dass wir manchmal sehr eingeengt beten? Wir denken hoffentlich an die Ehre Gottes und bringen Ihm unseren Dank. Aber kennen wir auch noch das gemeinsame (und persönliche) Gebet für alle Menschen? Die Zeit der Gnade geht zu Ende und deshalb sollten wir mit Nachdruck für alle Menschen beten.
Ich ermahne nun vor allen Dingen, dass Flehen, Gebete, Fürbitten, Danksagungen getan werden für alle Menschen.
1. Timotheus 2,1