Gehorsam (3)
Denn dazu habe ich auch geschrieben, um eure Bewährung zu erkennen, ob ihr in allem gehorsam seid.
2. Korinther 2,9
Gehorsam in der Praxis
In den ersten beiden Artikeln unserer Reihe zum Thema Gehorsam haben wir uns mit den Fragen beschäftigt:
• Wer ist unser großes Vorbild?
• Was bedeutet „Glaubensgehorsam“?
Wir haben die grundsätzliche Bedeutung von Gehorsam kennengelernt und den Herrn Jesus als vollkommenes Vorbild gesehen. Wir haben uns Gedanken darüber gemacht, was der in Römer 1 und Römer 16 erwähnte Glaubensgehorsam ist: Glauben und Gehorsam gegenüber dem Evangelium und den Wahrheiten über Christus und seine Versammlung.
In diesem Artikel soll das Thema „Wie können wir persönlich gehorsam sein?“ im Mittelpunkt stehen. Wir können hier viel am Beispiel des Propheten Jona lernen.
Gehorsam heißt: Richtige Entscheidungen treffen
„Und das Wort des HERRN erging an Jona, den Sohn Amittais, indem er sprach: Mach dich auf, geh nach Ninive, der großen Stadt, und predige gegen sie; denn ihre Bosheit ist vor mich heraufgestiegen. Aber Jona machte sich auf, um vom Angesicht des HERRN weg nach Tarsis zu fliehen; und er ging nach Japho hinab und fand ein Schiff, das nach Tarsis fuhr; und er gab sein Fahrgeld und stieg in das Schiff hinab, um mit ihnen nach Tarsis zu fahren, weg vom Angesicht des HERRN“ (Jona 1,1-3).
Nicht zum ersten Mal gibt Gott Jona einen Auftrag. So hat er als Botschafter Gottes dem Volk Israel mitgeteilt, dass der König Jerobeam die Grenzen des Landes wiederherstellen würde – was auch so geschehen ist (2. Kön 14,25). Diese Mission ist ihm bestimmt leichtgefallen, da sie gut zu seinen Vorstellungen gepasst hat. Doch nun hat Gott ihm einem Auftrag gegeben, der ihm Mühe macht. Er soll – als stolzer Israelit – ausgerechnet den gottlosen Heiden in Ninive eine Botschaft verkündigen. Jona ist sicher damit einverstanden, dass er Gericht ankündigen soll. Aber dass diese Warnung auch die Barmherzigkeit Gottes beinhaltet, widerstrebt ihm offensichtlich. Er muss sich jetzt entscheiden: entweder Gottes Willen tun und seine Befindlichkeiten hintanstellen oder Gott ignorieren und seiner eigenen Überzeugung folgen. Jona trifft eine Entscheidung, aber leider die falsche: Wohl wissend, dass Gott es anders will, läuft er ungehorsam von Ihm weg.
Gott hat uns Menschen die Fähigkeit gegeben, bewusste Entscheidungen zu treffen. Wenn es um seinen Willen geht, müssen wir uns klar positionieren, wir können uns nicht einfach der „Stimme enthalten“. So musste Israel sich entweder auf die Seite der toten Götzen oder auf die Seite des lebendigen Gottes stellen, alles andere wäre ein Hinken „auf beiden Seiten“ gewesen (1. Kön 18,21). Da Gott aber Anspruch auf Gehorsam hat, ist eine Entscheidung gegen seinen Willen keine gute Alternative. Sie ist bewusster Ungehorsam. Von Jona lernen wir, dass Gott uns dann erzieht. Bei dem Propheten geschieht dies durch einen furchtbaren Sturm, auf den drei Tage in den Tiefen des Meers im Bauch eines Fisches folgen.
Gehorsam muss von Herzen kommen
„Und das Wort des HERRN erging zum zweiten Mal an Jona, indem er sprach: Mach dich auf, geh nach Ninive, der großen Stadt, und rufe ihr die Botschaft aus, die ich dir sagen werde. Da machte sich Jona auf und ging nach Ninive, nach dem Wort des HERRN“ (Jona 3,1-3).
„Und es verdross Jona sehr, und er wurde zornig“ (Jona 4,1).
Die Zeit in den Tiefen des Meers sind eine harte Schule gewesen. Jona hat seine Lektion (teilweise) gelernt und Gott gibt ihm eine zweite Chance. Wie langmütig ist Gott – damals mit Jona, heute mit uns. Jona nimmt die zweite Chance wahr, geht gehorsam nach Ninive und verkündigt die Botschaft Gottes. Doch als er erlebt, dass die Menschen umkehren und Gott Gnade übt, zeigt sich, dass er – trotz seines Gehorsams – immer noch ein Problem hat. Das gnädige Handeln Gottes diesen Heiden gegenüber (die aus Jonas Sicht Gericht verdient haben) verdrießt ihn und er wird zornig. Er versteht Gott nicht. Noch schlimmer: Er ist nicht mit Ihm einverstanden. Auch wenn Jona gelernt hat, dass er Gott als der „höheren Instanz“ gehorchen muss, tut er das offenbar nur aus Zwang und nicht wirklich von Herzen.
Beim Militär erwartet ein Vorgesetzter, dass seine Befehle ausgeführt werden, egal ob der Befehlsempfänger den Sinn des Befehls versteht und innerlich damit übereinstimmt oder nicht. Aber Gott ist kein „militärischer Vorgesetzter“. Er ist unser Vater. Wenn ein Vater seinem Sohn einen Auftrag gibt, dann möchte er, dass der Sohn von Herzen und überzeugt ein „Ja“ zu diesem Auftrag hat. Es macht den Vater glücklich, wenn der Sohn aus Liebe und Vertrauen gehorcht, denn der Vater meint es gut mit seinen Kindern.
Wenn der Herr Jesus im Blick auf den Willen seines Gottes und Vaters sagt: „Ja, Vater, denn so war es wohlgefällig vor dir“ (Mt 11,26), erkennen wir etwas vom Zusammenspiel von Vertrauen und Gehorsam. Diese Einstellung möchte unser himmlischer Vater auch bei uns sehen. Die Bibel zeigt uns den Willen Gottes, lässt uns aber auch einen Blick in sein Herz tun. Wir lernen in seinem Wort seinen Willen in Verbindung mit seinen Beweggründen kennen, und Er möchte, dass wir von beidem überzeugt sind. Dann kommt unser Gehorsam auch von Herzen. Epaphras, ein Mitarbeiter von Paulus, betet dafür, dass die Kolosser: „… vollkommen und völlig überzeugt in allem Willen Gottes“ stehen (Kol 4,12). Allerdings verstehen wir auch gut, dass mangelndes Verständnis kein „Freifahrtschein“ für Ungehorsam ist. Wenn wir Gottes Willen einmal nicht verstehen, wollen wir ihn trotzdem tun und unseren Vater im Gebet um Einsicht bitten.
Hätte Jona wirklich den Willen Gottes verstanden, wäre er überzeugt gewesen, dass er gut und richtig ist; und wäre sein Gehorsam von Herzen gekommen, dann hätte das Buch Jona mit dem dritten Kapitel enden können. Aber weil Jonas Gehorsam eben nicht aus tiefstem Herzen kam und nicht mit dem Verständnis über die Barmherzigkeit verbunden war, musste Gott ihn die Lektion aus Kapitel 4 lernen lassen.
Egozentrik passt nicht zu Gehorsam
„Und Gott sprach zu Jona: Ist es recht, dass du wegen des Wunderbaumes zürnst? Und er sprach: Mit Recht zürne ich bis zum Tod! Und der Herr sprach: Du erbarmst dich über den Wunderbaum, um den du dich nicht gemüht und den du nicht großgezogen hast, der als Sohn einer Nacht entstand und als Sohn einer Nacht zugrunde ging; und ich sollte mich über Ninive, die große Stadt, nicht erbarmen, in der mehr als 120 000 Menschen sind, die nicht zu unterscheiden wissen zwischen ihrer Rechten und ihrer Linken, und eine Menge Vieh?“ (Jona 4,9-11).
Als Egozentrik bezeichnet man das selbstsüchtige Streben, die eigene Person in den Mittelpunkt zu stellen. Wenn sich die „alte Natur“ in uns Gläubigen regt, stellen wir auch bei uns egozentrische Züge fest. Das mag unterschiedlich ausgeprägt sein, aber wir meinen dann, alles müsse sich um uns drehen und alle müssten die Dinge aus unserer Perspektive sehen. Das kann so weit gehen, dass wir das auch von Gott erwarten. Bei Jona war das der Fall, deswegen wurde er trotz seines Gehorsams missmutig. Sein Gebet in Kapitel 4,2.3 ist eine einzige Anklage. Der Prophet denkt offenbar, dass er sich lächerlich und unbeliebt macht, wenn durch ihn die Feinde des Volkes Gottes Barmherzigkeit erfahren. Neunmal redet Jona hier von sich (ich; mein; mir; meinem). Sein „Um-sich-selbst“-Drehen steigert sich derart, dass er sich schließlich eine Bitte anmaßt, die klar gegen Gottes Willen ist: „Nimm doch meine Seele von mir, denn es ist besser, dass ich sterbe, als dass ich lebe.“
Wenn wir Gott gehorsam sein wollen, können wir Ihm nicht vorschreiben, wie sein Wille auszusehen hat. Unsere eigenen Interessen müssen außen vor bleiben. Diesen Punkt hat Jona noch nicht verstanden, deshalb nimmt Gott ihn – immer noch in liebevoller Weise – weiter in die Schule. Um Jonas Missmut zu vertreiben, lässt Er über Nacht einen schattenspendenden Wunderbaum wachsen. Er will ihm sagen: „Jona, über meine Wohltat freust du dich, über meine Güte gegenüber den Menschen von Ninive hingegen nicht!“ Deshalb nimmt Gott ihm den Wunderbaum wieder weg – so schnell, wie er gekommen ist. Jona trauert über den verdorrten Wunderbaum, sollte er da nicht erst recht Mitgefühl mit den Niniviten haben, die unter dem Gericht Gottes gestanden haben?
Jona hat offensichtlich die göttlichen Lektionen verstanden, denn wir lesen am Ende des Buchs nicht, dass er noch einmal antwortet. Er hat jetzt wirklich die göttliche Barmherzigkeit akzeptiert.
Fazit aus dieser Serie:
• Gott ist die „höchste Instanz“ in unserem Leben, Ihm wollen wir gehorsam sein. Dafür dürfen wir uns unseren Herrn selbst als leuchtendes Vorbild nehmen, der durch das, was Er litt, den Gehorsam lernte – ein Gehorsam bis zum Tod am Kreuz.
• Durch Glaubensgehorsam gegenüber dem Evangelium wird man ein Kind Gottes. In der Gemeinschaft mit anderen Kindern Gottes wird der persönliche Glaubensgehorsam gegenüber den Wahrheiten über Christus und seine Versammlung zur gemeinschaftlichen Aufgabe.
• Wir wollen Gott nicht davonlaufen, wenn Er Gehorsam fordert. Wir wollen stets gehorsam sein. Dabei wollen wir seinen Willen möglichst umfassend verstehen, damit unser Gehorsam von Herzen kommen kann. Dabei stehen nicht wir, sondern Er im Mittelpunkt.