Biblische Lebensbilder

Elisa – Ein Leben in geistlicher Kraft und Gnade

Lebendig und detailreich berichtet Gottes Wort aus dem Leben des Propheten Elisa. Die biblische Schilderung umfasst eine Zeit von ungefähr 60 Jahren von Elisas Berufung unter König Ahab (1. Kön 19) bis zu seinem Tod unter König Joas (2. Kön 13). In dieser Zeit regieren in Israel sechs Könige. Ihr Denken und Handeln ist gekennzeichnet von Gottentfremdung, Bosheit und Götzendienst. Elisa hingegen führt ein Leben in Hingabe an seinen Gott und in Absonderung von aller Ungerechtigkeit. Er trifft auf Menschen aus allen Gesellschaftsschichten, die unterschiedlichste Sorgen und Nöte haben. In diesen Begegnungen offenbart Elisa geistliche Kraft und göttliche Gnade. Wenigstens vierzehn Wunder geben davon Zeugnis. Es ist sehr nützlich für uns, wenn wir sein gesegnetes Wirken und die Berichte über diese Wunder betrachten. Der gottlose Charakter unserer Tage ähnelt in mancher Hinsicht der Zeit Elisas. Gott möchte uns – ebenso wie Elisa – zubereiten und benutzen, damit wir unter der Leitung und in der Kraft des Heiligen Geistes treue Zeugen seiner Gnade sind. Wir wollen von Elisa lernen. Dazu sollen die nachfolgenden Gedanken eine Anregung sein.

1. Entschiedenheit mit Bescheidenheit (1. Kön 19,19-21)

Elisa wird uns als junger und bewährter Landwirt vorgestellt, der mit Fleiß und Können seine Arbeit verrichtet. Während er auf dem Feld arbeitet, wird er durch Elia zum Dienst berufen. Dieser wirft ihm seinen Mantel über, der ein deutliches Erkennungszeichen eines Propheten ist (2. Kön 1,7.8; Sach 13,4). Diese „symbolische Ansprache“ stellt Elisa vor eine Grundsatzentscheidung. Will ich mich Gott für seinen Dienst zur Verfügung stellen? Ja, er will – er ist zubereitet und bereit! Entschlossen, Gott zu dienen und Elia nachzufolgen (2. Kön 19,20), ordnet er sein familiäres und berufliches Umfeld. Die Art und Weise, wie Elisa seine gesicherte Existenz aufgibt und in eine ungewisse Zukunft aufbricht, unterstreicht seine Konsequenz, seine Hingabe und sein Vertrauen in Gott. In diesem Vertrauen folgt der junge Elisa dem alten Elia und dient ihm (2. Kön 19,21). Aus den ersten ca. acht Jahren seines Dienstes lesen wir nur zwei Details von ihm (2. Kön 3,11.12). Man weiß, dass das Wort Gottes bei ihm ist und dass er Elia Wasser auf die Hände gießt. Das Erkennungszeichen des jungen Elisa ist seine große Wertschätzung für das Wort Gottes. Sein Leben ist auch geprägt von Bescheidenheit, Treue im Kleinen und Demut – er verrichtet Handreichungen, die einfach und unbedeutend anmuten. So kann Gott ihn – an der Seite Elias – für weitere Aufgaben zubereiten.

Elisa lehrt uns, opferbereit, entschieden und bescheiden im Dienst und in der Nachfolge unseres Herrn, des wahren Elia, zu sein. Seine schlichten Aufgaben, die er demütig und selbstlos verrichtet, waren schon vielen Generationen ein Vorbild. Ob Mann oder Frau, Kind oder Greis – Gott will uns alle gebrauchen. Er sucht unsere Treue im Kleinen und dass wir sein Wort wertschätzen.

2. Generationsübergreifende Lektionen (2. Kön 2,1-12)

Die Berufung Elisas in die Nachfolge Elias findet mit 2. Könige 2 ihren zu Herzen gehenden Abschluss. Es ist nicht nur ein Generationswechsel ohne Generationskonflikt, es ist mehr! Alt und Jung gehen miteinander auf einem gemeinsamen Weg, sind bis zum „Schluss“ im Dialog und erleben beide das mächtige Handeln Gottes.

Dreimal fordert Elia in diesem Kapitel den jüngeren Elisa auf, am jeweiligen Ort zu bleiben, während er selbst an einen anderen Ort gehen will, zu dem Gott ihn gesandt hat (Bethel, Jericho, Jordan). Aber dreimal antwortet  ihm Elisa: „So wahr der Herr lebt und deine Seele lebt, wenn ich dich verlasse!“ Elisa hat seine Entscheidung zur Nachfolge getroffen. Seine Berufung bleibt fest, weil es Gottes Berufung ist. Daran ändern auch unwissende Altersgenossen (die Prophetensöhne) nichts. So geht Jung mit Alt den Weg gemeinsam, nach Gottes Gedanken.

In 2. Könige 2,2-12 lesen wir zehnmal davon, dass die beiden miteinander im Dialog sind. Der Ältere und der Jüngere haben einen gesegneten Austausch miteinander. Elia und Elisa tauschen sich an symbolträchtigen Orten gewiss über die Erlebnisse des Volkes Israel aus sowie über ihre Glaubenserfahrungen. Für Elisa sind es lehrreiche Abschiedsworte von besonderem Gewicht.

Elias letzte Frage offenbart Elisas Herz: Wieder zeigt sich dessen Demut und Bescheidenheit. Er fühlt sich unerfahren und vielleicht auch überfordert. In Anlehnung an 5. Mose 21,17 ordnet er sich als „Sohn“ seinem geistlichen „Vater“ unter und begehrt ein zweifaches Teil von Elias Geist (2. Kön 2,9). Mit dieser Gabe möchte er als Nachfolger Elias die kommenden Dienste bewältigen. Es geschieht so, wie Elisa erbeten hat.

Elia und Elisa lehren uns, welcher Segen darauf liegt, wenn Alt und Jung (und umgekehrt) in der Nachfolge des Herrn einen gemeinsamen Weg gehen. Beide Seiten profitieren voneinander und sind im Dialog miteinander: Die Älteren nutzen die Gelegenheiten, um Jüngere zu ermuntern und der kommenden Generation von der Größe Gottes und den machtvollen Erfahrungen zu erzählen; die Jüngeren üben sich in Demut und Bescheidenheit, sie lernen von den Älteren. 2. Mose 10,9 ist uns Ansporn: „Mit unseren Jungen und mit unseren Alten wollen wir ziehen, mit unseren Söhnen und mit unseren Töchtern.“ Jede Generation ist gefordert, eigene und konsequente Entscheidungen vor dem Herrn zu treffen. Wie Elisa darf sie erfahren, dass jede Kraft und Befähigung zum Dienst von „oben“ geschenkt wird.

3. Von Gott ermutigt und bestätigt (2. Kön 2,12-15)

Als Elia zum Himmel auffährt, zerreißt Elisa seine Kleider und nimmt den Prophetenmantel des Elia an sich. Elisa möchte den nachahmen, der vor seinen Augen in den Himmel aufgefahren ist. Im Glaubensvertrauen schlägt er mit dem Mantel auf den Jordan und ruft den Gott Elias an. Gott bekennt sich zu seinem Knecht. Das Wasser zerteilt sich, und Elisa erfährt die Macht Gottes über den Fluss des Todes und der Auferstehung (Jordan). So ermutigt Gott seinen Knecht. Den Prophetensöhnen bleibt Elisas Veränderung nicht verborgen. Sie bezeugen, dass der Geist Elias auf Elisa ruht und beugen sich vor ihm nieder. Gott bestätigt seinen Zeugen und stärkt dessen Glauben.

Von Elisa lernen wir, dass wir den Charakter dessen offenbaren sollen, der in den Himmel aufgefahren ist. Wir dürfen unseren Herrn in der Kraft des Heiligen Geistes nachahmen und von Ihm Zeugnis geben. Er bekennt sich zu uns und ermutigt uns. Solche Diener Gottes werden erkannt (1. Thes 5,12).

4. Zwei Reaktionen auf die Gnade (2. Kön 2,19-25)

Jericho steht unter dem Bann Gottes und unter Fluch (Jos 6,17.26). Für die Menschen bedeutet dies den Tod; es gibt keine Chance, dass das Verbannte gelöst werden könnte (3. Mo 27,29). Das Wasser in Jericho bringt Tod und Unfruchtbarkeit hervor. Elisa erscheint als Prophet der Gnade an diesem Platz des Todes. Als man ihn um Hilfe bittet, wirft er das Salz aus einer neuen Schale in die Wasserquelle und ändert so den Fluch in Segen, so dass das Wasser Jerichos Leben und Frucht bringt. Die Gnade triumphiert über den Fluch für solche, die sich im Glauben an den wenden, der die Gnade bringt. Wir denken an die offenbarte Gnade Gottes, die in seinem Sohn heilbringend für alle Menschen erschienen ist und solche erlöst (auch in Jericho), die sich im Glauben an den Herrn Jesus wenden (z. B. Zachäus in Lk 19). So hat der Herr Jesus die erlösende und bewahrende Gnade Gottes gebracht (im Bild der neuen Schale mit dem Salz). Für alle Glaubenden wandelt Er den Fluch in Segen.

Elisa erfährt aber auch eine entgegengesetzte Reaktion auf die Botschaft der Gnade, und zwar ausgerechnet in Bethel, dem „Haus Gottes“. Bethel war jedoch inzwischen ein Götzenhaus (Beth-Awen) geworden (1. Kön 12,29-33; Anm. zu Hos 4,15). In Konsequenz entfaltet sich dort Götzendienst und ablehnender Spott („steige herauf“) gegenüber Elisa, dem Zeugen der Gnade. Auch ein letzter Blick Elisas ändert die verdorbenen und verirrten Herzen nicht. Gott lässt sich nicht spotten. Er hat das letzte Wort (Gal 6,7): Ein göttlicher Fluch bringt endgültiges Gericht über die Spötter.

Diese beiden Reaktionen erlebt Elisa gleich zu Beginn seines Dienstes. Auf dem Berg Karmel findet er in der Gemeinschaft mit Gott Ruhe und neue Kraft.

Elisa bringt ein klares Zeugnis von Gnade und Gericht. Als solche, die den Schrecken des Herrn kennen (2. Kor 5,11), dürfen wir Zeugnis von dem Evangelium der Gnade Gottes geben (Apg 20,24). Einzelne nehmen es zur großen Freude und Ermutigung an. Doch so wie früher treten auch heute respektlose Spötter und Gotteslästerer auf (2. Chr 36,15.16; 2. Pet 3,3.4). Sie verweigern sich nicht nur dem Evangelium, sondern gehen auch gegen die Zeugen der Gnade selbst vor und wollen die „glückselige Hoffnung“ (Tit 2,13) verdunkeln.

(Fortsetzung folgt)

Hartmut Edelmann

Einordnung: Im Glauben leben, Jahrgang 2019, Heft 6, Seite 5

Bibelstellen: 1. Könige 19,19-21; 2. Könige 2; 3;

Stichwörter: Entschiedenheit, generationsübergreifend, Gnade, Kraft