Ermutigung

Gedanken zum neuen Jahr

Der Jahreswechsel ist häufig damit verbunden, dass wir einige Momente stillstehen und nachdenken. Wir blicken zurück auf das, was gewesen ist. Vor allem jedoch beschäftigen wir uns damit, was vor uns liegt. Dabei wollen wir nicht vergessen, was Gott sagt: „So spricht der Herr, der Heilige Israels und der es gebildet hat: Über das Zukünftige fragt mich; meine Kinder und das Werk meiner Hände lasst mir anbefohlen sein!“ (Jes 45,11). Das sollte uns ruhig werden lassen im Blick auf das, was das neue Jahr bringen wird. Dennoch wissen wir nur zu gut, wie oft es anders ist, und wir mit einem gewissen Unbehagen, vielleicht auch mit konkreten Sorgen, in die Zukunft sehen.

Mit einem bekannten Vers aus Philipper 4 wollen wir uns gegenseitig Mut machen, unsere Gedanken zum Jahreswechsel mit etwas ganz anderem zu beschäftigen. Paulus schreibt:

„Im Übrigen, Brüder, alles, was wahr, alles, was würdig, alles, was gerecht, alles, was rein, alles, was lieblich ist, alles, was wohllautet, wenn es irgendeine Tugend und wenn es irgendein Lob gibt, dies erwägt“ (Phil 4,8).

Es geht hier um die Frage, welche Gedanken uns bewegen. Nur ein Herz, das frei von Sorgen und Unruhe ist, wird in der Lage sein, sich mit dem zu beschäftigen, was Gott gefällt. Im Vers vorher hatte Paulus gezeigt, welche Voraussetzung es gibt, damit der Friede Gottes uns bewahren kann. Wir sollen um nichts besorgt sein, sondern in allem durch Gebet und Flehen mit Danksagung unsere Anliegen vor Gott aussprechen. Diese Möglichkeit haben wir an jedem Tag dieses gerade begonnenen Jahres. Der Friede Gottes bewahrt uns vor einem Geist der Sorge und Unruhe und schafft die Voraussetzung, unsere Gedanken mit dem Guten zu beschäftigen.

Unsere Gedanken sind Ausgangspunkt für unsere Worte und unsere Handlungen. Salomo hatte erkannt: „Denn wie einer, der es abmisst in seiner Seele, so ist er“ (Spr 23,7). Ein Sprichwort sagt: „Bewahre deine Gedanken! Sie sind der Anfang deiner Taten!“ Deshalb ist es wichtig, dass wir unsere Gedanken unter Kontrolle halten und steuern. Paulus fordert die Korinther auf, jeden Gedanken unter den Gehorsam des Christus gefangen zu nehmen (2. Kor 10,5). Je mehr wir unsere Gedanken durch den Geist Gottes kontrollieren lassen, umso mehr werden wir mit dem beschäftigt sein, was wir vollkommen in Christus finden.

Wenn wir in unserem Vers lesen, dass etwas „erwägt“ werden soll, dann setzt das voraus, dass man gründlich nachdenkt und sich mit einer Sache auseinandersetzt, auf die man seine Gedanken konzentriert. Die Zeit, in der wir leben, ist mit einer großen Informationsflut verbunden. Viele Dinge um uns herum nehmen wir zwar noch zur Kenntnis, können allerdings nicht mehr wirklich darüber nachdenken. Dadurch entsteht eine gewisse Oberflächlichkeit. Die Gefahr, diese Verhaltensweise auf geistliche Dinge zu übertragen, ist nicht gering.

  • Alles, was wahr ist: Wahrheit steht einerseits dem gegenüber, was „falsch“ ist. Das Wort meint auch „echt“ oder „ursprünglich“. In dieser Welt finden wir keine Wahrheit, keine Zuverlässigkeit und keine Echtheit. Im Gegenteil, sie ist von Lüge, Intrige und Imitation gekennzeichnet. Die christliche (religiöse) Welt ist davon nicht ausgenommen. Unsere Gedanken hingegen sollen mit dem beschäftigt sein, was wahr und echt ist. In einer Zeit vieler Fake News kann wirkliche Wahrheit nur in dem gefunden werden, was von Gott kommt und in der Person unseres Herrn zu finden ist. Jesus Christus ist „die Wahrheit“ (Joh 14,6). Sein Wort ist „Wahrheit“ (Joh 17,17). Der Heilige Geist ist der „Geist der Wahrheit“ (Joh 15,26; 16,13). Deshalb lautet die Herausforderung, dass wir unsere Gedanken jeden Tag mit seinem Wort und seiner Person füllen.
  • Alles, was würdig ist: Hier geht es um Dinge, die „angemessen“, „passend“ oder „respektabel“ sind. Es gibt viele Dinge in dieser Welt, die nicht zu uns als Christen passen und uns dennoch immer wieder beschäftigen. Diese Dinge sollen wir beiseitelassen und uns stattdessen auf das konzentrieren, was zu uns passt. Wir sind Himmelsbürger, die auf dem Weg zum Ziel sind. Wenn wir darauf bedacht sind, wird das unser tägliches Leben prägen. „Der Edle entwirft Edles, und auf Edlem besteht er“ (Jes 32,8). Das wird das Ergebnis sein, wenn wir mit würdigen Dingen beschäftigt sind.
  • Alles, was gerecht ist: Praktische und gelebte Gerechtigkeit ist die Übereinstimmung des Christen mit dem Wesen und offenbarten Willen Gottes (mit seinen Gedanken). Es soll jeden Tag unser Bestreben sein, diese Übereinstimmung in unserem Leben zu suchen und darüber nachzudenken. Wir sollen unserer Stellung als gerechtfertigte Menschen entsprechen. Vollkommen finden wir diese Gerechtigkeit im Leben des Herrn Jesus auf der Erde vorgestellt und ausgelebt. Von Ihm konnte gesagt werden: „Gerechtigkeit hast du geliebt und Gottlosigkeit gehasst“ (Ps 45,8).
  • Alles, was rein ist: Reinheit ist „Keuschheit“ (Tit 2,5). Es geht darum, dass etwas frei von Korruption und Verderben ist. Gott möchte, dass wir in Gedanken, Worten und Taten rein sind. In der Bergpredigt nennt der Herr diejenigen glückselig, „die reinen Herzens sind“. Genau da fängt praktische Reinheit an. In dieser Welt finden wir das nicht. Sie ist befleckt. Das Leben des Herrn Jesus hingegen war von göttlicher Reinheit und Sittlichkeit gekennzeichnet. Diese Reinheit soll jetzt unser Leben kennzeichnen. Wie das geht, sagt uns der Psalmdichter: „Wodurch wird ein Jüngling seinen Pfad in Reinheit wandeln? Indem er sich bewahrt nach deinem Wort“ (Ps 119,9). Die Beschäftigung mit dem Wort Gottes bringt diese Reinheit in unserem Leben hervor. Die Dinge dieser Welt werden uns nur beschmutzen.
  • Alles, was lieblich ist: Lieblich bedeutet „teuer“, „angenehm“, „erfreulich“. Erneut werden unsere Gedanken zu dem Herrn Jesus geführt. Er allein ist schöner als die Menschensöhne (Ps 45,3). Die Braut im Hohenlied sagt: „Lieblich an Duft sind deine Salben, ein ausgegossenes Salböl ist dein Name“ (Hoh 1,3) und: „… alles an ihm ist lieblich. Das ist mein Geliebter“ (Hoh 5,16). Wenn wir das Leben des Herrn Jesus als Mensch auf der Erde anschauen, dann lernen wir etwas von dieser Lieblichkeit kennen, die von seinem Namen ausgeht. Gleichzeitig schätzen wir ebenso das, was von seiner Lieblichkeit in unseren Geschwistern sichtbar wird und erwägen es vor dem Herrn.
  • Alles, was wohllautet: Es geht um das, was einen „guten Klang“ oder einen „guten Ruf“ hat. Als der Herr Jesus auf der Erde war, ging die „Kunde über ihn aus durch die ganze Gegend“ und die Menschen „verwunderten sich über die Worte der Gnade, die aus seinem Mund hervorgingen“ (Lk 4,14.22). Er selbst hat einmal gesagt: „Der gute Mensch bringt aus dem guten Schatz des Herzens das Gute hervor, und der böse bringt aus dem bösen das Böse hervor; denn aus der Fülle des Herzens redet sein Mund“ (Lk 6,45). Der Apostel Paulus fordert uns auf, dass unsere Worte „allezeit in Gnade, mit Salz gewürzt“ sein sollen (Kol 4,6). Das wird das Ergebnis sein, wenn wir das erwägen, was wohllautet.
  • Irgendeine Tugend: Die Tugend spricht im Neuen Testament von geistlicher Energie, von Entschiedenheit, Selbstbeherrschung und Tüchtigkeit. Das alles finden wir wiederum vollkommen im Leben des Herrn Jesus. Er ging seinen Weg in der Kraft des Geistes und war fest auf das Ziel hin orientiert. Am Ende hatte Er sein Angesicht festgestellt, nach Jerusalem zu gehen (Lk 9,51.53). Wir werden ebenfalls dazu aufgefordert, allen Fleiß anzuwenden, um in unserem Glauben die Tugend darzureichen (vgl. 2. Pet 1,5). Um das tun zu können, müssen unsere Herzen und Gedanken auf den Herrn Jesus gerichtet sein. Sind wir auf das fixiert, was die Welt uns geben kann, wird sich diese geistliche Energie, diese Entschiedenheit nicht entfalten können.
  • Irgendein Lob: Mit einem Lob wird das bedacht, was vor dem Herrn empfehlenswert ist und anerkannt werden kann. Ein Lob ist etwas, wodurch wir Gott in unserem Verhalten oder in unseren Worten ehren können. Es geht nicht darum, dass wir – wie die Pharisäer – das suchen, was die Menschen loben, sondern das, was Gott gefällt. Erneut steht das Beispiel des Herrn Jesus vor uns. Er hat nichts von dem vergessen, was man Ihm aus Liebe getan hat (vgl. z.B. Mk 14,9) und Er hat öffentlich davon gesprochen. Wie oft sind wir – ganz anders als unser Herr – mit dem beschäftigt, was negativ ist. Wir erwägen und erwähnen die Fehler und Schwächen unserer Geschwister, anstatt auf das bedacht zu sein, was positiv und lobenswert ist. Der Apostel Paulus war nie „blind“ gegenüber den Gefahren und Schwächen der Gläubigen, gleichzeitig war er jedoch darauf bedacht, das zu loben, was lobenswert war.

Wir sollten den Jahreswechsel zum Anlass nehmen, unsere Gedankenwelt zu überdenken und – wenn erforderlich – neu zu justieren. Letztlich geht es darum, mit dem Vortrefflichen beschäftigt zu sein. Wenn unser Herr das Herz erfüllt, wird alles andere von selbst seinen richtigen Stellenwert erhalten.

Im folgenden Vers spricht Paulus zunächst von sich selbst, und dann weist er die Philipper auf den Gott des Friedens hin. „Was ihr auch gelernt und empfangen und gehört und an mir gesehen habt, dies tut, und der Gott des Friedens wird mit euch sein (Phil 4,9). Paulus hatte die Philipper

unterwiesen, als er bei ihnen war. Sie konnten ihn beobachten und hatten ihn kennengelernt. Sie hatten etwas gelernt, empfangen, gehört und gesehen. Diese vier Aussagen umfassen auf der einen Seite Unterweisung in Lehre und Praxis und auf der anderen Seite das Beispiel in Wort und Tat. Diese beiden Seiten gehören immer zusammen. Paulus hatte die Gläubigen unterwiesen und dann gleichzeitig gezeigt, wie man das Gelernte in die Praxis umsetzt. Für uns gilt, dass wir nicht nur erwägen und denken sollen, sondern tatsächlich so leben sollen, dass unser Herr daran Freude hat.

In Vers 7 hatte Paulus daran erinnert, dass der „Friede Gottes“ das Ergebnis eines abhängigen und vertrauensvollen Gebets ist. Hier nun ist die Gegenwart und Hilfe des „Gottes des Friedens“ die Folge, wenn wir den Willen Gottes tun.

Den „Gott des Friedens“ mit sich zu haben geht noch etwas weiter, als den „Frieden Gottes“ zu genießen, obwohl beides großartig ist. Der „Friede Gottes“ hat es mit der Erfüllung von Bedürfnissen zu tun, die wir alle auch im neuen Jahr haben. Wenn wir hingegen an den „Gott des Friedens“ denken, werden wir zu der Quelle selbst geführt, die jedes Bedürfnis stillt. Ohne Gott gibt es keinen Frieden. Das beweisen die vielen globalen Krisenherde ebenso wie die zahllosen lokalen Streitigkeiten im menschlichen Miteinander (leider auch im Volk Gottes). Gott ist der Ursprung des Friedens. Er ist derjenige, der allein Frieden geben kann. Im Alten Testament finden wir diesen Ausdruck „Gott des Friedens“ nicht. Erst auf dem Fundament des vollbrachten Werkes vom Kreuz hat Gott sich so offenbart. Paulus macht hier deutlich, dass der „Gott des Friedens“ sozusagen selbst in unser Leben hineinkommt und dort Platz nimmt. Er wird mit uns sein, d. h., wir genießen die Gemeinschaft mit Ihm und können jederzeit mit seiner Hilfe rechnen. In diesem Vertrauen dürfen wir zuversichtlich in das neue Jahr hineingehen.

 

Ernst-August Bremicker

Einordnung: Im Glauben leben, Jahrgang 2020, Heft 1, Seite 3

Bibelstellen: Philipper 4,8; Jesaja 45,11; 2. Korinther 10,5;

Stichwörter: ermutigen, gerecht, lieblich, Lob, rein, Tugend, wahr, würdig