Biblische Lebensbilder

Joschabat – eine mutige Frau

Joschabat (oder Joscheba) gehört zu den eher unbekannten Frauen in der Bibel. Sie wird nur bei einer einzigen Gelegenheit erwähnt (vgl. 2. Kön 11,2; 2. Chr 22,11). Sie war offensichtlich eine besondere Frau mit besonderem Mut und mit einer besonderen Tat. Sie rettete unter Lebensgefahr einem jungen Königssohn das Leben. Gemeinsam mit ihrem Mann hielt sie ihn sechs Jahre versteckt, bis er dann durch einen Putsch die Regierung über Juda übernehmen konnte.

Der geschichtliche Hintergrund

Joschabat und ihr Mann, der Priester Jojada, lebten in einer sehr komplizierten Zeit im Königreich Juda. Als König Ahasja – der Bruder von Joschabat – getötet wurde, beschloss seine Mutter Athalja, selbst den Thron zu besteigen. Sie war eine extrem gottlose Frau. Um ihre Macht abzusichern, ordnete sie kaltblütig die Hinrichtung aller infrage kommenden männlichen Thronfolger an. Doch Gott sorgte dafür, dass einer der Söhne Ahasjas das Massaker überlebte. Dazu benutzte Er die eigene Schwester Ahasjas, nämlich Joschabat. Sie war bereit, sich gegen die Königin zu stellen. Sie hatte Mitleid mit dem Säugling Joas, beschützte ihren Neffen und rettete ihm so das Leben. Der Bibeltext sagt: Aber Joschabat, die Tochter des Königs, nahm Joas, den Sohn Ahasjas, und stahl ihn weg aus der Mitte der Königssöhne, die getötet wurden, und sie brachte ihn und seine Amme in die Bettenkammer. Und so verbarg ihn Joschabat, die Tochter des Königs Joram, die Frau Jojadas, des Priesters (denn sie war die Schwester Ahasjas), vor Athalja, so dass sie ihn nicht tötete“ (2. Chr 22,11). Ihr Mann wird bei dieser Aktivität nicht direkt erwähnt, obwohl er ganz sicher mit dem Handeln seiner Frau einverstanden war. Gott legt Wert darauf, uns den besonderen Glaubensmut dieser Frau als ein Beispiel für uns zu zeigen.

Joschabat beschützte den Jungen im Tempel, bis er sieben Jahre alt war. Dann organisierte ihr Mann einen Putsch, ließ Athalja hinrichten und setzte den Sohn des Königs auf den Thron. Bei dieser Aktivität wird wiederum die Ehefrau nicht erwähnt, denn es war nicht ihre Aufgabe, sich in die Politik einzumischen.

Joschabat gehörte als Schwester des Königs zur königlichen Familie. Doch durch ihre Heirat mit dem Hohenpriester Gottes entschied sie sich offensichtlich für einen Weg mit Gott. Durch ihre Glaubenstat stellte sie sich nun in einer besonders kritischen Situation in Opposition zu der machthungrigen Athalja. Ihr Motiv wird vermutlich nicht nur Mitleid mit dem kleinen Jungen gewesen sein, sondern ganz sicher die Tatsache, dass sie sich an Gottes Maßstäben orientierte und ein Empfinden für Recht und Unrecht hatte.

Elternlose Kinder

Ich möchte Joschabat gerne einmal als ein Mut machendes Beispiel für alle Frauen (und Ehepaare) vorstellen, die sich um elternlose Kinder kümmern und sich für sie einsetzen. Joas‘ Mutter wird zwar einmal erwähnt, doch wir können davon ausgehen, dass sie zum Zeitpunkt des Massakers nicht mehr lebte. Joschabat und ihr Mann haben einen guten Einfluss auf den Jungen ausgeübt und sich viel Mühe um ihn gegeben. Der inspirierte Bericht sagt uns, dass er vierzig Jahre in Jerusalem regierte und dass er tat, was recht war in den Augen des HERRN – allerdings nur so lange, wie der Priester Jojada lebte.

Das Alte Testament macht an verschiedenen Stellen klar, dass Waisenkinder einen hohen Stellenwert bei Gott haben. In 5. Mose 10,18 lesen wir, dass Gott der Waise „Recht verschafft“. Psalm 68,6 sagt ausdrücklich, dass Gott „ein Vater der Waisen“ ist. In Psalm 146,9 lesen wir, dass Gott die Waise bewahrt. In Hosea 14,4 heißt es, dass die Waise bei Gott Erbarmen findet. Wiederholt wird das Volk Israel aufgefordert, Waisenkinder nicht gering zu achten und zu vernachlässigen.

Im Neuen Testament wird einmal von Waisen gesprochen und zwar in Jakobus 1,27: „Ein reiner und unbefleckter Gottesdienst vor Gott und dem Vater ist dieser: Waisen und Witwen in ihrer Drangsal zu besuchen.“ Das unterstreicht den hohen Stellenwert, den Waisenkinder bei Gott haben. Die Unterstützung solcher armen Kinder ist eine segensreiche Tätigkeit, in der sich vor allem christliche Frauen – ob verheiratet oder unverheiratet – in der einen oder anderen Form engagieren können. Das kann z. B. durch spezielle Kinderstunden, Ferienlager usw. geschehen. Wir sollten es nicht ausschließen, den Gedanken zu erwägen, Patenschaften zu übernehmen, Pflegekinder aufzunehmen oder als Ehepaare ein elternloses Kind zu adoptieren.

In einem anderen Zusammenhang sagt der Herr Jesus seinen Jüngern: „Wer irgend dieses Kind aufnimmt in meinem Namen, nimmt mich auf; und wer irgend mich aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt hat“ (Lk 9,48). Sicher kann man diesen Vers auch einmal darauf anwenden, sich um elternlose Kinder zu kümmern. Frauen (und Ehepaare), die das tun, finden dabei ganz sicher die Zustimmung Gottes.

Joschabat hat sehr viel Energie und Zeit in den kleinen Joas investiert. Im Haus der beiden hat er gelernt, was es bedeutet, dem HERRN zu gefallen. Das lernt kein Kind von selbst. Doch es sollte das Ziel jeder gläubigen Frau sein, die sich um fremde (natürlich zuerst um eigene) Kinder kümmert. Ja, es stimmt: Das Ziel wird häufig nicht erreicht. Joas hörte auf, dem HERRN zu gefallen, nachdem Jojada gestorben war. Jedes Kind muss sich, sobald es erwachsen ist, selbst für oder gegen ein Leben mit Gott entscheiden. Viele Kinder, die in früher Jugend mit dem Herrn vertraut gemacht wurden, gehen später eigene Wege. Leider gilt das häufig auch für Adoptiv- oder Pflegekinder. Dennoch ist es traurig, wenn wir nicht einmal versuchen, dieses Ziel zu erreichen. Es ist gut, wenn wir Kindern und jungen Leuten helfen, damit sie alle möglichen Kenntnisse erlangen, um im Leben auf dieser Erde klarzukommen. Wichtiger ist es allemal, ihnen klarzumachen, was ein Leben mit dem Herrn bedeutet. Das tun wir erstens durch unser Vorbild und dann durch das, was wir unsere Kinder lehren.

Ermutigung

Die Tatsache, dass es bei Joas am Ende nicht gut ging, sollte uns nicht mutlos machen. Einem Kind die Möglichkeit zu bieten, den Herrn kennenzulernen oder sogar in einer christlichen Atmosphäre aufzuwachsen, wo es die göttliche Liebe erleben kann, überwiegt manchen Nachteil und manches Risiko. Ja – es gehört Glaubensmut und Energie dazu und vor allem die Überzeugung, nach Gottes Willen zu handeln. Doch wenn wir den Auftrag Gottes haben, haben wir zugleich seine Zustimmung. Ich möchte zum Schluss zwei Dinge zum Überdenken vorstellen:

a) Allen negativen Beispielen zum Trotz gibt es das positive Beispiel von Mordokai und seiner Nichte Esther, die er als Tochter auf- und angenommen hatte (Est 2,7.15). Er übte einen guten Einfluss auf die junge Esther aus und prägte das ganze Leben dieser jungen Frau. Mordokai ist ein motivierendes Beispiel für alle, die sich um elternlose Kinder kümmern.

b) Gott selbst sagt einmal von seinem eigenen Volk: „Hört, ihr Himmel, und horche auf, du Erde! Denn der HERR hat geredet: Ich habe Kinder großgezogen und auferzogen, und sie sind von mir abgefallen“ (Jes 1,2). Die Erziehung Gottes ist ganz sicher perfekt und ohne jeden Fehler. Dennoch entschieden sich seine Kinder bewusst gegen Ihn und fielen von Ihm ab. Das soll uns nicht demotivieren, sondern es gibt einen gewissen Trost, wenn trotz aller Bemühungen Kinder, um die wir uns intensiv gekümmert haben, eigene Wege gehen. An uns liegt es, unserer Verantwortung nachzukommen und es so zu tun, wie Joschabat es tat. Alles andere überlassen wir Gott.

Aber Joscheba, die Tochter des Königs Joram, die Schwester Ahasjas, nahm Joas, den Sohn Ahasjas, und stahl ihn weg aus der Mitte der Königssöhne, die getötet wurden, und brachte ihn und seine Amme in die Bettenkammer; und so verbargen sie ihn vor Athalja, und er wurde nicht getötet.

*2. Könige 11,2

Ernst-August Bremicker

Einordnung: Im Glauben leben, Jahrgang 2020, Heft 10, Seite 27

Bibelstellen: 2. Könige 11,2; 2. Chronika 22,11; Hosea 14,4; 5. Mose 10,18; u. a;

Stichwörter: Adoptivkind, Glaubensmut, Schutz, Verantwortung, Waise