Gott / Jesus Christus

Die Liebe Gottes

Im ersten Johannes-Brief finden wir einen wunderbaren Abschnitt, der sich mit dem Titel „Das Lied der Liebe Gottes“ überschreiben ließe (1. Joh 4,7-19).

  • Der Auftakt dieses Liedes ist das Wort „Geliebte“ (V. 7) – eine Anrede an uns Gläubige, die unser Herz erwärmt und stärkt.
  • Worin diese göttliche Liebe besteht und wodurch sie zum Ausdruck kommt, zeigt dieser Abschnitt in dreifacher Hinsicht, denn er besteht aus drei Strophen.
  • Den Schlussakkord finden wir am Ende des Lieds über die Liebe Gottes: „Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat“ (V. 19).

Somit ist der ganze Abschnitt von der Liebe Gottes, die sich an uns erweist, erfüllt und eingerahmt.

Die Liebe Gottes zu uns

Die erste Strophe bilden die Verse 7 bis 10. Es beginnt mit der Liebe Gottes zu uns: „Hierin ist die Liebe Gottes zu uns offenbart worden, dass Gott seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hat“ (V. 9). Gott hat seine Liebe zu uns dadurch bewiesen, dass Er seinen eigenen Sohn nicht geschont, sondern ihn für uns alle hingegeben hat (vgl. Röm 8,32).

Dieser Beweis der Liebe Gottes ist völlig losgelöst von uns selbst und unserem Wirken, denn „die Liebe ist aus Gott“ (V. 7). Die Quelle und die Betätigung der Liebe zu uns ist allein in Gott zu finden und liegt nicht in uns begründet: „Hierin ist die Liebe: nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass Er uns geliebt und seinen Sohn gesandt hat als Sühnung für unsere Sünden“ (V. 10). Es ist bemerkenswert, dass diese Wahrheit so deutlich im 1. Johannes-Brief zum Vorschein kommt, da der Geist Gottes in diesem Brief besonders mit der Frucht des Lebens Christi in uns beschäftigt ist. Aber auf diese Weise wird die absolute Sicherheit des Beweises der Liebe Gottes aufgezeigt – unabhängig von jeglichem Einfluss und Unvermögen des Menschen!

Die erste Strophe macht also deutlich, dass sich Gottes Liebe bereits in der Vergangenheit völlig erwiesen hat, als Er seinen Sohn gab (vgl. auch Joh 3,16).

Die Liebe Gottes in uns

Der zweite strophenartige Abschnitt von Vers 11-14 zeigt uns nun die gegenwärtige Auswirkung der Liebe Gottes in uns. Es ist eine Liebe, die jetzt „in uns vollendet ist“ (V. 12). Die Vollendung seiner Liebe besteht darin, dass sie in uns völlig zum Ausdruck kommt.

Die volle Tragweite dieser Vollendung wird deutlich, wenn wir auch den Beginn von Vers 12 hinzunehmen: „Niemand hat Gott jemals gesehen. Wenn wir einander lieben, so bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollendet.“ Es fällt auf, dass Johannes mit exakt gleichem Wortlaut im ersten Kapitel seines Evangeliums die Tatsache einleitet, dass Gott durch seinen Sohn, das fleischgewordene Wort, offenbar wurde: „Niemand hat Gott jemals gesehen; der eingeborene Sohn, der im Schoß des Vaters ist, der hat ihn kundgemacht“ (Joh 1,18). In dieser übereinstimmenden Einleitung liegt nun die Tiefe der Bedeutung im Hinblick auf die gegenwärtige Vollendung der Liebe Gottes in uns: Wenn Johannes 1 zeigt, dass Gott dadurch sichtbar wurde, dass Christus damals als Mensch auf der Erde lebte, weist 1. Johannes 4 darauf hin, dass Gott auch heute auf der Erde offenbar wird, nämlich durch uns – weil wir einander lieben und seine Liebe in uns vollendet ist. Wirft diese Tatsache nicht ein wunderbares Licht auf 1. Johannes 2,8: „Wiederum schreibe ich euch ein neues Gebot, das, was wahr ist in ihm und in euch“? Wir dürfen, durch die Vollendung der Liebe Gottes in uns, an Christi statt das zeigen, was Er schon in Vollkommenheit auf der Erde dargestellt hat. Anbetungswürdige Liebe Gottes!

Die Liebe Gottes mit uns

Neben dem vergangenen und gegenwärtigen Aspekt der Liebe Gottes „zu uns“ und „in uns“ gibt es aber auch noch eine zukünftige Auswirkung. Das wird in der letzten Strophe (V. 15-19) dadurch deutlich, dass auch die Liebe Gottes „mit uns“ eine Vollendung hat, die allerdings erst völlig in der Zukunft gesehen wird: „Hierin ist die Liebe Gottes mit uns vollendet worden, damit wir Freimütigkeit haben an dem Tag des Gerichts, dass, wie er ist, auch wir sind in dieser Welt“ (V. 17).

Betrachten wir zunächst die Tatsache, dass wir heute, also in dieser Welt, so sind, wie Er ist. Dies ist ein gewaltiges Resultat der Vollendung der Liebe Gottes in uns, die wir gerade im vorigen Abschnitt gesehen hatten. Denn wir sind heute („in dieser Welt“) schon so, wie Er jetzt ist (nicht „wie er war“, sondern „wie er ist“, also als verherrlichter Mensch im Himmel). Wodurch ist dies möglich? Wir haben sein Leben, das in uns dargestellt wird. Eine großartige Wahrheit!

Nun wird deutlich, dass diese gegenwärtige Vollendung auch einen zukünftigen Aspekt hat. Weil wir schon jetzt Kennzeichen des Lebens Christi in dieser Welt offenbaren und damit so sind, wie Er jetzt ist, haben wir auch am kommenden Tag des Gerichts Freimütigkeit. Wir, die Seinen, werden auch am Richterstuhl Christi keine Furcht haben, weil wir eine Lebens- und Liebesbeziehung zu der Person haben, die auf dem Richterstuhl sitzt! Wir sind seine Geliebten und haben sein eigenes Leben. Ist das nicht eine wunderbare Tatsache?

So ist die Liebe Gottes …

  • … „zu uns“ – der Beweis seiner Liebe in der Vergangenheit
  • … „in uns“ – der Genuss seiner Liebe in der Gegenwart
  • … „mit uns“ – die Vollendung seiner Liebe in der Zukunft

Noch zu erwähnen bleibt, dass diese drei Perspektiven göttlicher Liebe genau in dieser chronologischen Reihenfolge in 1. Johannes 4 entfaltet werden – vielleicht deshalb, damit es uns ein wenig leichter fällt, seine Liebe nachzuvollziehen und zu erkennen, was unsere Erkenntnis übersteigt (vgl. Eph 3,19).

 

Matthias Wölfinger

Einordnung: Im Glauben leben, Jahrgang 2023, Heft 2, Seite 17

Bibelstellen: 1. Johannes 2,8; 4,7-19; Römer 8,32; Epheser 3,19; Johannes 1,18; 3,16; u. a.

Stichwörter: Gegenwart, in uns, Liebe Gottes, mit uns, Vergangenheit, zu uns, Zukunft