Glaubensleben

Stimmen aus der Wüste

„Um dich zu demütigen, um dich zu prüfen, um zu erkennen, was in deinem Herzen ist, ob du seine Gebote halten würdest oder nicht“ (5. Mo 8,2) – das hatte Gott im Sinn, als Er Israel durch die Wüste führte. Die Wüste ist für jeden, der sich in ihr befindet, ein Ort der Prüfung.

Als Israel geprüft wurde, versagte es; und einem bestimmten Beispiel des Versagens wollen wir hier einmal unsere Aufmerksamkeit schenken. „Schnell“, so schreibt der Psalmdichter, „vergaßen sie seine Taten, warteten nicht auf seinen Rat; und sie wurden lüstern in der Wüste und versuchten Gott in der Einöde“ (Ps 106,13.14).

Dies Wort aus den Psalmen beschreibt das Verhalten des Volkes in Kibrot-Hattaawa („Gräbern des Gelüstes‘‘), die Geschichte davon finden wir in 4. Mose 11,4-6: „Und das Mischvolk, das in ihrer Mitte war, wurde lüstern, und auch die Kinder Israel weinten wiederum und sprachen: Wer wird uns Fleisch zu essen geben? Wir erinnern uns an die Fische, die wir in Ägypten umsonst aßen, an die Gurken und die Melonen und den Lauch und die Zwiebeln und den Knoblauch; und nun ist unsere Seele dürr; gar nichts ist da, nur auf das Man sehen unsere Augen.“

Der Einfluss des Mischvolks

„Wer wird uns Fleisch zu essen geben?“ Das war ihre Klage – die Frucht der Vergesslichkeit und der Ungeduld. Wo war Gott bei alledem? Der Psalmdichter hat treffend über sie gesagt: „Schon bald vergaßen sie seine Taten.“ Der Verlauf der Vergangenheit hätte Weisung für die Gegenwart geben sollen. Gottes Taten wurden jedoch einfach vergessen.

Unter der Führung des Mischvolks warteten sie nicht auf Gottes Rat. Dieses Mischvolk war gemeinsam mit ihnen aus Ägypten ausgezogen (s. 2. Mo 12,38). Hier lesen wir zum letzten Mal von ihnen. Von diesem Zeitpunkt an verschwinden sie aus dem Geschichtsverlauf. Sie zogen aus Ägypten aus, gingen durchs Rote Meer, reisten zum Sinai, wo sie Zeugen der Gesetzgebung gewesen sein mussten, wichen vom Berg in Richtung Kanaan ab und fanden dann, so scheint es, ihr Ende in Kibrot-Hattaawa (vgl. 4. Mo 11,34).

Und das Mischvolk, das in ihrer Mitte war, wurde lüstern, und auch die Kinder Israel weinten wiederum und sprachen: Wer wird uns Fleisch zu essen geben? … Und man gab jenem Ort den Namen Kibrot-Hattaawa, weil man dort das Volk begrub, das lüstern gewesen war.
4. Mose 11,4.34

Lüstern nach Fleisch

Doch Israel – wie töricht war es! Und wie vergesslich! Jenes Mischvolk war nicht Gottes Volk. Es hatte keine Verheißungen eines Erbes in Kanaan. Israel aber war Gottes errettetes Volk, und das Land Kanaan sollte zu seinem unbestrittenen Eigentum werden. Würde Gott, der sie mit seinem mächtigen Arm errettet hatte, sie in der Wüste im Stich lassen? Würde Er sie an dem Ort verlassen, an den Er sie geführt hatte? Hatte Er keine Macht, sie am Leben zu erhalten und für genügend und geeignete Nahrung für das Volk zu sorgen, das Er auserwählt hatte?

Nach Fleisch verlangten sie. Fleisch sollten sie haben. Und Fleisch bekamen sie auch. Was müssen sie wohl von ihrer Frage gehalten haben: „Wer wird uns Fleisch zu essen geben?“, als der Herr dann „Fleisch auf sie regnen [ließ] wie Staub und geflügelte Vögel wie Sand der Meere“ (Ps 78,27)?

Dass Gott fähig war, für Fleisch zu sorgen, wurde durch die Wachteln vollständig unter Beweis gestellt. „Da gab er ihnen ihr Begehr, aber er sandte Magerkeit in ihre Seelen“ (Ps 106,15). Wenn sie in der Wüste auf Gottes Rat gewartet hätten, wären sie gewiss von Gott versorgt worden, ohne dass es Gräber und magere Seelen gegeben hätte!

Warten auf Gottes Rat

Wenden wir uns nun einer anderen Wüste zu, und lesen wir, was dort geschehen ist. Dort war einer ganz allein, unter wilden Tieren und fernab von den Wohnstätten der Menschen (s. Mk 1,13). Er war hungrig. Das war Israel nicht, denn sie hatten jeden Tag das Manna. Er hatte nichts, und noch dazu hatte Er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet. Angestachelt vom Mischvolk schrie Israel nach Fleisch. Er wurde vom Teufel versucht, einen Stein in Brot zu verwandeln, doch Er tat es nicht.

Und als er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn schließlich. Und der Versucher trat zu ihm hin und sprach: Wenn du Gottes Sohn bist, so sprich, dass diese Steine zu Broten werden.
Matthäus 4,2.3

Er erinnerte sich an die Lektion der Wüste, die Israel nicht gelernt hatte, nämlich dass „der Mensch nicht vom Brot allein lebt“ (5. Mo 8,3), und stimmte ihr absolut zu. Er hatte keine Anweisung dazu bekommen, den Stein in Brot zu verwandeln. Er würde auf Gottes Rat warten.

Genau das, was Israel nicht tat, tat Er, und Er tat es vollkommen zurecht. Denn als der Teufel Ihn verließ, kamen Engel und dienten Ihm (s. Mt 4,11). Was für ein Gegensatz zu Israel!

Die Gräber bei Kibrot-Hattaawa waren wehmutsvolle Denkmäler von dem Unheil, das entsteht, wenn man nicht auf Gottes Rat wartet. Der Dienst der Engel dagegen, die den hungrigen Sohn Gottes umgaben, dokumentiert das Glück derer, die auf Gottes Rat warten.

[Eine modifizierte Übersetzung aus: Words of Season]

Clarence E. Stuart

Einordnung: Im Glauben leben, Jahrgang 2019, Heft 11, Seite 10

Bibelstellen: 4. Mose 11,4-6.34; 5. Mose 8,2; Matthäus 4,2.3;

Stichwörter: Mischvolk, Prüfung