Glaubensleben

Jeder in seinem Erbteil

„Und das übrige Israel, die Priester, die Leviten, waren in allen Städten Judas, jeder in seinem Erbteil“ (Neh 11,20).

Ursprünglich lagen die Erbteile der Stämme Juda und Benjamin um Jerusalem herum. Die Grenze zwischen beiden verlief westlich und südlich der alten Stadt, die jedoch beiden Stämmen zugeteilt wurde (s. Jos 15 und 18,11-28). Nach der Wegführung dieser zwei Stämme nach Babel wurde aus dem gesamten Gebiet die „Landschaft Juda“. Dieser Zustand war auch in der persischen Zeit noch unverändert (s. Esra 5,8). Die aus Babel zurückkehrenden Juden ließen sich sofort in ihren angestammten Wohnsitzen nieder, wie wir in Esra 2,70 lesen. Auch nach der Aufzählung der Bewohner Jerusalems zur Zeit Nehemias wird erneut festgestellt, dass alle übrigen Angehörigen der Stämme Juda, Benjamin und Levi außerhalb von Jerusalem in „allen Städten Judas, jeder in seinem Erbteil“, wohnten.

Diese Feststellung sollte unsere Herzen berühren. Zunächst einmal werden die Juden hier „das übrige Israel“ genannt. Das geschieht sowohl bei Esra wie auch bei Nehemia des Öfteren (s. Kap. 2,10). Die wenigen Juden, die an den Ort zurückgekehrt waren, den Gott zu seiner Wohnung erwählt hatte, werden als Vertreter des gesamten Volkes Israel betrachtet. Die zurückgekehrten Juden ließen sich jedoch nicht nach ihrem eigenen Gutdünken im Land nieder. Ausdrücklich heißt es hier, dass „jeder in seinem Erbteil“ wohnte.

Vor dem Einzug in das Land Kanaan hatte Gott den Angehörigen des Volkes Israels verheißen, dass sie jeder für sich ein Erbteil im Land Kanaan erhalten würden (s. 2. Mo 32,13; 4. Mo 26,53-56). Nach dem Einzug ins Land verteilte Josua das Land unter die Israeliten. Jeder einzelne Stamm und jede Familie bekamen ihr eigenes Erbteil, und zwar für alle Zeiten. Daher konnte jeder, der jetzt nach der babylonischen Gefangenschaft zurückkehrte, im Land Kanaan sein Erbteil wiederfinden und darauf wohnen. Er konnte das Land bebauen und davon leben, so wie Gott es verheißen hatte. Das war der von Gott verheißene Segen Israels.

Was hat uns das zu sagen? Auch wir haben durch den Glauben an den Herrn Jesus einen Segen¹ empfangen, wie Paulus in Epheser 1 anbetend schreibt: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus, wie er uns auserwählt hat in ihm vor Grundlegung der Welt, dass wir heilig und untadelig seien vor ihm in Liebe; und uns zuvor bestimmt hat zur Sohnschaft durch Jesus Christus für sich selbst, nach dem Wohlgefallen seines Willens, zum Preise der Herrlichkeit seiner Gnade, womit er uns begnadigt hat in dem Geliebten, in dem wir die Erlösung haben durch sein Blut, die Vergebung der Vergehungen, nach dem Reichtum seiner Gnade“ (Eph 1,3-7).

Die Segnungen der Christen sind jedoch nicht materiell und irdisch, wie das bei Israel grundsätzlich der Fall war, sondern geistlich und himmlisch. Sie sind auch nicht vergänglich, sondern ewig. Einige dieser geistlichen Segnungen sind:

  • Wir sind von neuem geborene Kinder Gottes und dadurch seiner Natur teilhaftig geworden (Joh 1,12.13; 2. Pet 1,4), und unserer Stellung in Christus nach sind wir Söhne Gottes geworden (Eph 1,5; Röm 8,15.19).
  • Wir haben in Christus das ewige Leben empfangen (1. Joh 5,11)
  • Als Gläubige haben wir den Heiligen Geist empfangen, der uns in allem leitet (s. Gal 4,6; Röm 8,14).
  • Alle Gläubigen bilden die eine Versammlung des lebendigen Gottes, die ewig mit Christus vereint in der Herrlichkeit sein wird (Eph 5,25-27).

Dies sind wohl die höchsten bleibenden Segnungen der Christen. Ihnen ist gemeinsam, dass sie nichts mit dieser Erde zu tun haben und jedem, der an den Herrn Jesus glaubt, geschenkt werden. Doch wie viele Christen gibt es, die diese Segnungen wirklich kennen und sich daran freuen? Wie beim Volk Israel besteht auch bei uns die Gefahr, dass wir die großen Geschenke Gottes gar nicht mehr bewusst und persönlich kennen. Wenn das so ist, können wir sie auch nicht genießen.

Von diesen Juden zur Zeit Nehemias können wir also viel lernen. Wir sehen, dass sie zuerst den Altar und den Tempel Gottes in Jerusalem an seinem Platz wiederaufbauen (Esra 3). Eine weitere wichtige Aufgabe ist die Wiederherstellung der Mauern und Tore der Stadt Jerusalem. Voraussetzung für diese gemeinsamen Aktivitäten der Angehörigen des Volkes Gottes ist, dass jeder einen Platz zum Wohnen hat, der mit den Gedanken Gottes übereinstimmt. Das ist das Erbteil. Gott hat es damals ihnen sichtbar und heute uns im geistlichen Bereich gegeben. Um Ihm wirklich zu dienen, brauchen wir diesen persönlichen Ort, wo wir den Segen Gottes kennenlernen und uns daran freuen. Die Opfertiere und Erstlingsfrüchte, die Israel Gott brachte, kamen aus ihren Gehöften und Ländereien (s. 5. Mo 12 und 26). Der Segen des von Gott geschenkten Erbteils war also die Grundlage dafür, dass Gott an dem Ort, den Er sich erwählt hatte, angebetet wurde. Lasst auch uns das nie vergessen!

 

Danksagend dem Vater, der uns fähig gemacht hat zu dem Anteil am Erbe der Heiligen in dem Licht.

*Kolosser 1,12


FN 1: Wenn im Neuen Testament von einem christlichen Erbteil die Rede ist, ist damit gewöhnlich das gemeint, was wir mit dem verherrlichten Christus empfangen werden, wenn Er im Tausendjährigen Reich herrschen wird (griech. kleronomia; s. Eph 1,11.14.18; 1. Pet 1,4; vgl. Kol 3,24). Unser ewiges himmlisches Teil, wozu wir durch den Glauben schon gegenwärtig befähigt sind, wird manchmal griech. kleros (eig. „Los“) genannt (Apg 26,18; Kol 1,12).

Arend Remmers

Einordnung: Im Glauben leben, Jahrgang 2020, Heft 4, Seite 27

Bibelstellen: Nehemia 11,20; Esra 2,70; 5,8; Epheser 1,3-7; 5,25-27; u. a.;

Stichwörter: Erbteil, Segnungen, Wohnsitz