Auf Ihn will ich vertrauen
Psalm 91
Psalm 91 ist ein Psalm, der schon viele Glaubende ermutigt und gestärkt hat. Sein Thema ist das Vertrauen auf Gott. Es wird nicht berichtet, wer diesen Psalm geschrieben hat. Aber es könnte gut sein, dass dieser Psalm, ebenso wie der vorhergehende Psalm, von Mose geschrieben worden ist.
Die vorbildliche Bedeutung
Dieser Psalm hat Christus zum Mittelpunkt. Während in Psalm 90 die Vergänglichkeit des ersten Menschen beschrieben wird, geht es hier um Christus als den vollkommen abhängigen zweiten Menschen. Wir sehen unseren Herrn, der auf seinem Weg über die Erde beständig im „Schutz des Höchsten“ war, der sein Vertrauen ganz auf seinen Gott setzte und den vollen Segen genoss, der damit verbunden ist.
Die prophetische Bedeutung
Prophetisch spricht Psalm 91 von dem Teil des zukünftigen gläubigen Überrests aus Israel, der in der Drangsalszeit von Gott beschützt werden und lebend in das Tausendjährige Reich eingehen wird. Diese Juden werden ihre Zuflucht bei Gott selbst suchen, der in den Versen 1 und 2 unter vier verschiedenen Namen vorgestellt wird. Die Schwierigkeiten und Gefahren, durch die der Überrest in der Drangsalszeit zu gehen hat, werden dann in den Versen 3 bis 13 durch verschiedene Bilder beschrieben (z. B. „Schlinge des Vogelstellers, verderbende Pest, Schrecken der Nacht“). Abschließend wird in den Versen 14-16 gezeigt, wie Gott den Seinen in dieser Zeit beistehen wird, wie Er sie befreien und in den Segen des Reiches einführen wird.
Die praktische Bedeutung
Obwohl dieser Psalm sich in erster Linie auf Christus und den zukünftigen Überrest bezieht, ist er auch für uns heute aktuell und ermutigend. Ein Leben in der Gemeinschaft mit Gott und im Vertrauen auf Ihn ist immer gesegnet. Dabei wollen wir allerdings beachten, dass es in den Psalmen vorrangig um irdischen Segen geht und wir nicht mit der buchstäblichen Erfüllung aller Zusagen in diesem Psalm rechnen können. Die typisch christlichen Segnungen sind geistliche Segnungen.
Die Gliederung des Psalms
Mit dem Blick auf Christus erkennen wir in diesem Psalm vier Abschnitte, in denen jeweils unterschiedliche Personen reden. Immer geht es dabei um Christus:
Verse 1-2: Nach der Einleitung (V. 1) antwortet Christus selbst darauf und spricht von seinem Vertrauen auf den HERRN.
Verse 3-8: Der Geist Gottes spricht zu Christus von den Segnungen, die Ihm gehören, weil Er sein Vertrauen auf Gott setzt.
Verse 9-13: In diesen Versen legt der Geist Gottes dem gläubigen Überrest Worte in den Mund, die er zu Christus spricht.
Verse 14-16: Hier spricht Gott selbst von seinem vielgeliebten Sohn über die Segnungen, die sein Teil sind.
Vers 1
Der erste Vers stellt das Thema des Psalms vor: Es geht um das Vertrauen auf Gott und den Segen, der damit verbunden ist.
Eine erste Segnung, die der Psalmist hier vorstellt, ist die Bewahrung, die ein Gläubiger in der Gemeinschaft mit Gott finden kann. Diese Bewahrung ist vollkommen, denn sie kommt von Gott dem „Höchsten“ und dem „Allmächtigen“. Das sind zwei Namen, unter denen sich Gott besonders Abraham offenbarte (vgl. 1. Mo 14,18-20; 1. Mo 17,1). Sie reden von der absoluten Oberhoheit und Allmacht Gottes.
Wir kennen diesen großen Gott als unseren Vater in dem Herrn Jesus und können in seinem Schutz (eig. in seinem Verborgenen) bleiben. Dabei denken wir an die wunderbare Gemeinschaft, von der Johannes in seinem ersten Brief spricht: „… und zwar ist unsere Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus“ (1. Joh 1,3). Dazu sind wir durch den Besitz des ewigen Lebens befähigt. Sie soll unser beständiges und nicht nur ein gelegentliches Teil sein. Das wird mit den Worten „sitzen“ und „bleiben“ angedeutet. Und je enger unsere Gemeinschaft ist, desto glücklicher und zuversichtlicher können wir unseren Weg im „Schatten des Allmächtigen“ gehen.
Vollkommen finden wir das im Leben des Herrn Jesus verwirklicht. Er, der das ewige Leben hier auf der Erde offenbart hat, war während seines ganzen Lebens in ununterbrochener Gemeinschaft mit seinem Gott im Himmel. Er war der „Sohn des Menschen, der im Himmel ist“ (Joh 3,13).
Vers 2
In Vers 2 hören wir die Antwort des Herrn Jesus. Er spricht hier, wie wir das aus Hebräer 2,13 erkennen können. Als Mensch auf der Erde machte Er den HERRN zu seiner Zuflucht und seiner Burg und setzte sein ganzes Vertrauen auf Ihn. Wie hat Er seinen Gott dadurch geehrt und erfreut! Die Juden hatte den HERRN, ihren Bundesgott (Jahwe) verworfen und der Mensch im Allgemeinen hatte dem Schöpfergott (Elohim) nicht gehorcht. Doch dann kam der Herr, um diesen Gott durch sein völliges Vertrauen und seinen vollkommenen Gehorsam hier auf der Erde zu verherrlichen. „Auf ihn will ich vertrauen“ – diese Worte kennzeichneten das ganze Leben des Herrn Jesus.
Wie ist es bei uns? Ehren wir unseren Gott auch durch Vertrauen? Suchen wir in allen Situationen unsere Zuflucht und unseren Schutz bei Ihm, oder tun wir es erst, wenn wir merken, dass wir aus eigener Kraft nicht mehr weiterkommen? Viele Stellen in den Psalmen sprechen von dem Schutz und der Sicherheit, die wir bei unserem Gott finden können (z.B. Ps 18,3; 27,5; 62,7-9; 94,22; 144,2). Es ist ein großes Vorrecht, den HERRN als Bergungsort vor plötzlicher Gefahr („Zuflucht“) oder bei andauernder Belagerung („Burg“) zu kennen. Wir wollen Ihm ganz und immer vertrauen!
Verse 3-8
In diesen Versen spricht der Geist Gottes von weiteren Segnungen, die mit dem Vertrauen auf Gott verbunden sind.
Wer in Gemeinschaft mit Gott lebt und auf Ihn vertraut, wird errettet „von der Schlinge des Vogelfängers, von der verderbenden Pest“ (V. 3). Das erfuhr der Herr Jesus hier auf der Erde. Gleich zu Anfang seines Dienstes legte der Teufel eine „Schlinge“ aus, um den Herrn zu Fall zu bringen (Mt 4,1-11). Wie oft versuchten die Pharisäer und Schriftgelehrten, Ihm eine Falle zu stellen (Mt 22,15; Mk 12,13; Lk 20,26). Doch in Gemeinschaft mit seinem Vater ging Er unbeschadet davon seinen Weg.
Übertragen auf uns denken wir daran, wie Satan bemüht ist, die Gläubigen in der Nachfolge des Herrn Jesus durch die „leicht umstrickende Sünde“ (Heb 12,1) zu Fall zu bringen („Schlingen“) und sie durch Böses („Pest“) zu verführen. Eine gut ausgelegte Schlinge und die Keime der Pest sind unsichtbare Gefahren. So geht Satan oft sehr listig vor und versucht, das Böse unter einem schönen Deckmantel oder auf unbemerkte Weise unter die Gläubigen zu bringen. Das Neue Testament warnt an vielen Stellen vor diesen Gefahren (z.B. Apg 20,30; Röm 16,17.18; Kol 2,4; 2. Pet 2,1). Aus eigener Kraft können wir den Fallstricken des Teufels (1. Tim 3,7; 2. Tim 2,26) nicht entgehen. Davor bewahrt nur ein Leben in Gottseligkeit und in der Gemeinschaft mit Gott, wie es dieser Psalm und der zweite Petrusbrief vorstellen.
Wer so lebt, erfährt auch den vollkommenen Schutz Gottes (V. 4). Das wurde ebenfalls im Leben des Herrn Jesus bestätigt. Wie oft haben die Menschen Ihm nach dem Leben getrachtet (Mt 2,13; Lk 4,29; Joh 7,30). Doch alle Angriffe schlugen fehl, weil Gott über Ihn wachte.
Der göttliche Schutz wird in der Bibel oft mit der Fürsorge eines Vogels verglichen, der seine Jungen unter seinen Flügeln schützt (z. B. Rt 2,12; Ps 17,8; 36,8; 57,2), oder mit dem Schutzschild eines Soldaten (z. B. 5. Mo 33,29; 2. Sam 22,3.31; Ps 115,9-11; Spr 30,5). Geschützt unter seinen Flügeln und durch den Schild seiner Wahrheit sind wir absolut sicher. Halten wir uns nah bei Ihm auf und kennen wir die Wahrheit des Wortes Gottes, die uns vor den Angriffen des Feindes schützt (Eph 6,14)?
So geschützt, brauchen wir keine Angst vor irgendwelchen Angriffen haben (V. 5). Seien es Angriffe im Verborgenen („Schrecken der Nacht“) oder sei es offene Feindschaft („Pfeil, der am Tag fliegt“). Das ist ein großer Trost in einer unsicheren Zeit, wo manches da ist, was uns Furcht einflößen will.
In Vers 6 wird noch einmal von der Pest gesprochen. Dabei wird gezeigt, dass der Schutz des Gläubigen nicht eine Sache bestimmter Tage oder Zeiten ist. Er ist nicht davon abhängig, ob es Nacht ist („im Finstern“) oder heller Tag („am Mittag“). Wir müssen uns nie fürchten – selbst dann nicht, wenn das Böse uns von allen Seiten umgibt. Wer auf den HERRN vertraut, wird vor dem Bösen an seiner „Seite“ und zu seiner „Rechten“ bewahrt werden (V. 7.8). Einmal wird der Augenblick kommen, wenn der Herr Jesus selbst die Gottlosen richten wird (Joh 5,22) und die Gläubigen diese „Vergeltung an den Gottlosen“ sehen werden.
Verse 9-13
In diesem Abschnitt legt der Geist Gottes dem Überrest Worte in den Mund, die er zu dem Messias redet. Diese gottesfürchtigen Juden werden inmitten all des „Unglücks“ und der „Plagen“ in der Drangsalszeit den HERRN zu ihrer Zuflucht machen (V. 9.10). Dabei blicken sie zurück auf die Zeit, in der ihr Messias hier auf der Erde war („sein Zelt“) und vollkommen vorgelebt hat, was es heißt, in einer feindlichen Umgebung Gott als Zuflucht und als beständige Wohnung zu haben.
Auf seinem Weg über die Erde stand dem Herrn zu jeder Zeit der Dienst der Engel zur Verfügung (V. 11.12). Wir sehen ihren Dienst bei seiner Geburt (Lk 2,8-14), während Er in der Wüste versucht wurde (Mk 1,13), bei seinem Gebetskampf in Gethsemane (Lk 22,43), als Wache an seinem Grab (Mt 28,2) und bei seiner Himmelfahrt (Apg 1,10). Darüber hinaus sind die Engel zum Dienst für die Gläubigen da. Sie sind „dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die die Errettung erben sollen“ (Heb 1,14).
Satan zitierte die Verse 11 und 12, als er den Herrn versuchte, indem er Ihn aufforderte, sich von der Zinne des Tempels zu werfen (Mt 4,6; Lk 4,9-11). Allerdings ließ er die Worte „auf allen deinen Wegen“ weg. Es war nicht der Weg des Herrn Jesus, Gott auf diese Weise zu versuchen, wie der Herr in seiner Antwort deutlich machte.
Interessanterweise erwähnte der Teufel auch nicht den dreizehnten Vers unseres Psalms, der auf Satans eigene Macht und List hinweist: „Auf Löwen und Ottern wirst du treten, junge Löwen und Schlangen wirst du niedertreten.“ Immer wieder hatte der Herr Jesus es auf seinem Weg mit der Macht Satans zu tun. Doch wohin Er kam, trat Er die Macht Satans nieder. Während seines Lebens tat Er es, indem Er Dämonen austrieb, Kranke heilte und Tote auferweckte. Durch seinen Tod am Kreuz hat Er den Teufel zunichtegemacht (Heb 2,14) und bald wird der Zeitpunkt kommen, an dem der Teufel für immer in den Feuer- und Schwefelsee geworfen werden wird (Off 20,10).
Verse 14-16
Im letzten Abschnitt des Psalms redet Gott über Christus, der Ihn in der Welt durch sein Leben der Abhängigkeit, des Vertrauens und der beständigen Gemeinschaft so sehr geehrt hat. Wie wertvoll und wohlgefällig dieses Leben unseres Herrn für Gott war, können wir an den acht Zusagen in diesen Versen erkennen:
- „Ich will Ihn erretten“
- „Ich will Ihn in Sicherheit setzen“
- „Ich werde Ihm antworten“
- „Ich werde bei Ihm sein in der Bedrängnis“
- „Ich werde Ihn befreien“
- „Ich werde Ihn verherrlichen“
- „Ich werde Ihn sättigen mit Länge des Lebens“
- „Ich werde Ihn schauen lassen meine Rettung“
Weil der Herr Jesus während seines ganzen Lebens seine Wonne an dem Vater hatte (vgl. Joh 14,31) und seinen Namen kannte (vgl. Joh 10,15; 17,25), hat Gott Ihn aus allen Gefahren errettet und Ihn in Sicherheit gesetzt (oder hochgesetzt) (V. 14). Er hat den Herrn Jesus aus den Toten auferweckt und zu seiner Rechten in den himmlischen Örtern gesetzt, „über jedes Fürstentum und jede Gewalt und Kraft und Herrschaft und jeden Namen, der genannt wird, nicht allein in diesem Zeitalter, sondern auch in dem zukünftigen“ (Eph 1,20.21).
In jeder Situation seines Lebens wusste der Herr, dass sein Gott Ihn hörte (Joh 11,42), und dass Er bei Ihm war in der Bedrängnis. Er konnte sagen: „Der mich gesandt hat, ist mit mir; er hat mich nicht allein gelassen, weil ich allezeit das ihm Wohlgefällige tue“ (Joh 8,29; s. a. Joh 8,16; 16,32). Nur in den drei Stunden der Finsternis musste der Herr von seinem Gott verlassen werden und bekam keine Antwort auf sein Rufen. Doch nach vollbrachtem Werk gab Gott die Antwort, indem Er Ihn auferweckt und Ihn verherrlicht zu seiner Rechten gesetzt hat. Er hat Ihm Rettung gegeben und Ihn „gesättigt mit Länge des Lebens“ (V. 16; s. a. Ps 21,5; Ps 102,24-28). Als der Auferstandene kann der Herr Jesus jetzt sagen: „Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (Off 1,18).
Auf diese wunderbaren Zusagen Gottes werden sich auch die Gläubigen des zukünftigen Überrests stützen können. Aber nicht nur sie – schon heute kann jeder Gläubige erfahren, dass Gott zu seinem Wort steht. Haben wir nicht schon oft erlebt, dass wir zu Ihm gerufen haben und Er uns geantwortet hat? Haben wir nicht erfahren, dass Er bei uns war in der Bedrängnis? Daher wollen wir uns durch die Zusagen dieses Psalms ermutigen lassen, weiter ganz auf Ihn zu vertrauen, bis wir am Ziel in der Herrlichkeit sind.
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